Emmas drittes Zauberwort
Bücher sind Spiegel:
Carlos Ruiz Zafón
Man sieht in ihnen nur, was man schon in sich hat
Jedes Buch braucht eine Message – ohne Message keine Geschichte. Egal, wie klein sie auch ist. Ich liebe es Messages in meine Bücher zu verpacken, sie als Lehr- und Aha-Effekt zu verstecken, und sie vielleicht sogar trotz schlechtem Ende über die Geschichte hinauswirken zu lassen.
Aber was, wenn eine Message – eine sehr bedeutende Message – am Ende eines Romans mit Füßen getreten wird? Wenn die Buchbubble zerplatzt und die harte Realität einlässt, die Message zerfetzt wie ein Stück Papier, das niemals gelesen werden soll? Was dann?
Ja, was dann? In meinem Fall ist eine Art Hassliebe entstanden, zu einer Reihe, die ich absolut vergöttert habe – Die Tribute von Panem. Wisst ihr welche Message ich meine?
Die Tribute von Panem kann man gut in einem Satz zusammenfassen: Teenagerin meldet sich freiwillig bei den grausamen Spielen, um ihre Schwester zu schützen, und wird zu Symbolfigur für den Widerstand. Die Message ist überaus klar, das Schützen der Schwester geht über alles, sogar über das eigene Leben von Katniss. Und dann kommt das Ende der Trilogie: Katniss überlebt, ihre Schwester Prim stirbt. Sie stirbt, als sie anderen helfen will, wird von einer Bombe zerfetzt. Auch eine Message, eine leicht veränderte zu Katniss. Der Tod passt zu Prim, die immer allen helfen will, die deutlich weniger egoistisch ist als Katniss. So ist die Realität.
Und trotzdem hätte ich es weit weniger furchtbar gefunden, wenn Katniss am Ende gestorben und Prim überlebt hätte. Denn alles wurde losgetreten, weil Katniss ihre Schwester beschützt hat. Prims Tod am Ende ist wie ein Schlag ins Gesicht, ein Kick in die Realität, obwohl man doch in der Buchbubble bleiben möchte.
Geht es euch auch so? Oder findet ihr das nicht so schlimm? Ist ja alles immer subjektiv.
Fallen euch noch weitere Beispiele ein? Mir tatsächlich ein paar, aber die sind alle weniger dramatisch, mir weniger in Erinnerung geblieben.
*Achtung Spoiler zu The Blinds*
Ich stand vor einem ähnlichen Problem. Es hieß Rory. In meiner ersten Dilogie The Blinds lernen wir Rory als totkranken Bruder von Riley kennen. Für ihn, aber auch für sich geht Riley zu den Blinds. Rory zurückzulassen, bricht ihr fast das Herz. In meiner ursprünglichen Idee sollte Rory sterben und Riley so wütend und fuchsteufelswild auf die Regierung sein, dass sie diese zu einem Umdenken verleitet. Aber egal wie ich die Idee hin und her drehte, von allen Seiten beleuchtete – ich konnte Rory nicht sterben lassen. Es hätte nicht nur mein Herz gebrochen, sondern wahrscheinlich auch eures.
Auch Riley hätte das nicht überlebt. Sie schöpft ihre Kraft aus ihrem Bruder, aus der Liebe zu ihm. Nichts auf der Welt hätte sie zur Rebellin gemacht, sie hätte sich eher selbst getötet, um dem Schmerz zu entkommen.
So ist ein Kompromiss entstanden, der weder die Message noch meine ursprüngliche Idee zugrunde richtete. Der Buchbubble und Realität die Waagschale hält.
*Spoiler Ende*
Ein Kompromiss der Buchbubble und Realität die Waagschale hält
Das ist mir sehr wichtig. Bücher bedeuten für mich eine Flucht aus dem Alltag, ins Phantastische, in zerstörte Welten und gescheiterte Systeme. Eine Flucht vor Problemen und gleichzeitig eine Lösung. Denn ich bin an diesen Büchern gewachsen, habe die Lösungen der Protagonistin für mich mitgenommen. Die Message habe ich in mein eigenes Leben integriert und versucht, zu lernen. Sie ist mir das Wichtigste an meinen Büchern, auf ihr basiert meine Buchidee.
Gerade deswegen muss ich mit Hoffnung aus einer Geschichte herausgehen können, denn sonst kann ich nichts für mich mitnehmen. Die Tribute von Panem hat mich schockiert zurückgelassen, hoffnungslos. Kein Lichtschimmer auf der letzten Seite. Nur völliges Unverständnis, Wut und Ernüchterung. Deswegen ist die Tribute von Panem noch lange kein schlechtes Buch, es hat den Weg für unzählige Jugend Dystopien geebnet. Auch für meine Geschichten …
Wie sehr braucht ihr Hoffnung am Ende einer Geschichte?